Gottesdienste – warum Vielfalt nicht nur ein Notnagel ist

Wenn sich Dinge verändern, dann gibt es im Groben zwei Ursachen. Entweder es sind bewusste Veränderungen, verbunden mit einem bestimmten Ziel und einer Absicht. Oder aber es ist eine Reaktion auf Veränderungen im größeren Rahmen. Strukturprozesse, Vakanzsituation und allgemeiner Personalmangel auf allen Ebenen der Landeskirche, sind beispielsweise solche Veränderungen im größeren Rahmen.

Ich erlebe mit großer Dankbarkeit, dass in den Kirchgemeinden unseres Schwesternkirchverhältnisses ganz viele Begabungen und eine große Bereitschaft zum Mittun und zum Gestalten gegeben sind. Das betrifft auch den Bereich „Gottesdienst“. Mir wurde früher gesagt, dass auf die Kanzel nur der Pfarrer, der Superintendent und der Bischof dürfe. Und wer am Gottesdienst mitwirken wolle, müsse erst einmal lernen, wie ein agendarischer Gottesdienste ablaufe und zu gestalten sei. Inzwischen erleben wir ganz wunderbare Gottesdienste in verschiedenen Formen und mit verschiedener Besetzung. Nicht alle Gottesdienste sind klassisch agendarisch und nicht alle mit klassisch ausgebildeten Personal. Anders wäre es auch gar nicht mehr möglich, die Vielzahl an Gottesdienstangeboten in unseren Gemeinden zu realisieren. Die Ausgestaltung der Gottesdienste, die vom Ehrenamt getragen werden, richtet sich vor allem nach den Gaben und Möglichkeiten, die die Ehrenamtlichen einbringen können und wollen. Nicht jede Band kann auch die liturgischen Elemente begleiten und nicht jede Person in der Verkündigung kann und möchte automatisch liturgische Gottesdienste feiern.

Nun könnte man vielleicht sagen: „Das sind Veränderung, die wir vorübergehend in Kauf nehmen, weil es personell im Moment nicht anders geht.“ Aber es wäre schade, diese Öffnung hin zur gottesdienstlichen Vielfalt als Notlösung zu sehen. Womöglich ist es gut, dass uns als Kirche nun äußere Bedingungen zu Schritten bewegen, die längst überfällig sind. Denn auch unsere Gemeinden sind in sich vielfältiger als noch vor einigen Jahrzehnten. Und so ist es etwas Wunderbares, wenn sich Personen aus den Gemeinden auch im gottesdienstlichen Geschehen einbringen, auf eine besprochene und durchdachte Weise, die zu ihnen passt. Darin liegt kein Verlust, sondern ein Gewinn. Für die hauptamtliche Mitarbeiterschaft wird es dabei immer mehr zu Aufgabe, zu verantworten, zu fördern und zu begleiten, was Ehrenamtliche einbringen. Dabei geht es nicht um eine Begleitung, die alles einheitlich macht und in die klassischen Formen hineinpresst. Sondern es geht um ein gemeinsames Reflektieren und um einen gemeinsamen Lernprozess.

Dass es in Wolkenstein bereits eine Vielzahl an ehrenamtlichen Person im Bereich der Verkündigung und der Musik gibt, ist ein wunderbarer Ausgangspunkt für die Planung des bevorstehenden Jahres – ein Jahr, in dem es nicht nur um „Notlösungen“ geht, sondern um die Freude darüber, dass Gott uns als Gemeinden mit vielen Gaben beschenkt hat, die geistliches Leben vor Ort auch in den Gottesdiensten weiterhin oder erstmals mitgestalten.

Ihr Pfarrer Andreas Lau

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